"Marathon laufen" : Kann ich das auch?


Marathon laufen ist inzwischen von einer Laufdisziplin für hochspezialisierte Läufer/Innen zu einem Volkssport-und Lifestyle-Event geworden…alle Welt „rennt Marathon“.  Man könnte schon fast das Gefühl haben, dass man Marathon laufen „muss“, um als halbwegs sportlich zu gelten. Auf der anderen Seite ruft jeder tragische Todesfall bei einem der Marathonläufe die Kritiker mit ihrer „Hab ich es doch immer gesagt- Marathonlaufen ist ungesund“ Einstellung auf den Plan.

Stellt sich also die berechtigte Frage:

Ist die Herausforderung Marathon wirklich etwas für alle?

Die Antwort ist sehr einfach: Sicher nicht!

Nachfolgend wollen wir beleuchten, wer sich an die 42,195 km wagen kann und wer seine Energie lieber auf anderes Terrain verlagert –denn eines ist sicher: Man kann auch glücklich leben, ohne jemals einen Marathon gelaufen zu sein!

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Welche Fähigkeiten brauche ich, um „Marathoni“ zu werden?

Fangen wir bei den körperlichen Voraussetzungen an:

  • Körpergewicht

Bei einem Marathonlauf wird ein relativ monotoner Bewegungsablauf über einen langen Zeitraum aufrecht erhalten, d.h. es wirken hohe Kräfte gleichförmig auf bestimmte Muskeln, Sehnen, Bänder und Gelenke ein. Je höher das Körpergewicht (und je schneller das Lauftempo), umso größer sind die einwirkenden Kräfte. Hast Du deutliches Übergewicht, kann Laufen im Sinne eines erhöhten Kalorienumsatzes durchaus sinnvoll sein. Allerdings sind sehr lange Laufdistanzen, wie Du sie in einer Marathon-Vorbereitung und dann auch im Wettkampf absolvieren müsstest, nicht unbedingt empfehlenswert. Vor allem dann nicht, wenn Du muskulär laufspezifisch noch nicht gut angepasst, also eher ein Laufeinsteiger bist Sinnvoll wäre es daher bei Übergewicht,erst einmal durch regelmäßiges Ausdauertraining (auch Radfahren und Schwimmen) und eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten auf Normalgewicht zu kommen, um dann zu einem späteren Zeitpunkt, beispielsweise nach 1-2 Jahren eine Marathonvorbereitung ins Visier zu nehmen.

  • Bewegungsapparat

Leidest Du unter einer schweren rheumatischen Erkrankung, einer bekannten und hochgradigen Gelenkfehlstellung, hochgradiger Arthrose, schwerwiegenden Problemen im Bereich des Rückens, wie Bandscheibenvorfall etc. , wirst Du als „Bislang-Nicht-Läufer/In” instinktiv kaum auf die Idee kommen, einen Marathon zu laufen. Dies wäre auch nicht ratsam! Anders sieht es aus, wenn Du bereits jahrelang viel gelaufen bist. Da kann es schwer fallen, zu akzeptieren, dass Marathonlaufen akut, oder per se nicht mehr sinnvoll ist. Denn auch kleinere „Wehwehchen“, wie eine Meniskusläsion, ein Fersensporn, Achillessehnenprobleme, oder andere Sehnenansatzprobleme (Patallaspitzensyndrom, Runner´s knee etc.) verleiden einem nicht nur den Spass am Laufen, sie können ein Lauftraining bisweilen auch unmöglich machen. Einige der genannten orthopädischen Erkrankungen können und sollten im Vorfeld einer Marathonvorbereitung und Teilnahme behandelt , bzw. auskuriert werden. Nicht selten treten aber gerade Sehnenansatzreizungen erst im Verlauf einer Marathonvorbereitung auf. Hier lieber früher als später ärztliche oder physiotherapeutische Hilfe suchen, um das Problem schnell in den Griff zu bekommen. Gelingt dies nicht, verschiebe Deine Marathonteilnahme, auch wenn es „weh tut“! Der Lauf wird keinen Spaß machen und möglicherweise wird Deine akute Verletzung chronisch! Verschoben ist ja nicht aufgehoben!

  • Herz-Kreislauf

Verschiedenste Erkrankungen aus diesem Komplex machen ein Lauftraining und damit eine Marathonteilnahme unmöglich. Hierzu gehören beispielsweise: Schwerer, schlecht einstellbarer Bluthochdruck, schwere Herzklappenfehler, schwere Herzkranzgefäßverengungen, schwere Herzmuskelschwäche, kreislaufwirksame Herzwand- oder Gefäßaneurysmen (Aussackungen in Herzwand oder Gefäßen) , bestimmte Herzrhythmusstörungen insbesondere, wenn sie unter Belastung auftreten und natürlich ein frischer Herzinfarkt.

Bei nicht ganz so gravierenden Schäden, kann eine Marathonteilnahme nach eingehender Absprache mit dem/der behandelnden Kardiolog/In manchmal trotzdem erfolgen. Beispiele sind Menschen mit medikamentös gut eingestelltem Blutdruck, LäuferInnen mit Herzschrittmacher, oder auch Personen mit überstandenem Herzinfarkt, die einer engmaschigen Kontrolle unterliegen. Natürlich solltest Du nicht gleich mit einem Marathonwettkampf starten, sondern Deine Belastungsfähigkeit erst auf kürzeren Strecken „testen“ und bitte—wie oben erwähnt—nie auf eigene Faust, sondern immer in ärztlicher Absprache ins Training oder den Wettkampf starten!

  • Stoffwechsel

Eine schlecht eingestellte Zuckerkrankheit (Diabetes Mellitus), aber auch schwere Elektrolyt- oder hormonelle Störungen, beispielsweise ausgehend von der Schilddrüse oder Nebenniere verbieten eine Marathonteilnahme. Teilweise sind die Störungen jedoch behandelbar, sodass sie nicht „auf Lebzeiten“ das Marathonlaufen verhindern. Sicher ist jedoch eine längerfristige Vorbereitung auf einen solch langen Lauf notwendig, als wenn Du kerngesund wärst.

  • Infekte/ Immunsystem

Es ist nachgewiesen, dass nach intensiven und/oder langen Ausdauerbelastungen (wie einem Marathonlauf) das Immunsystem kurzfristig geschwächt ist, man spricht vom „open window“ für Krankheiten. Somit sind schwere Immundefekte im Hinblick auf einen Marathonlauf kritisch zu betrachten. Im Zweifelsfalls sollte auch hier eine ärztliche Absprache erfolgen!

Schwere frische (virale oder bakterielle) Infekte, verbieten eine Marathonteilnahme! Zum einen wirst Du keine gute Leistung vollbringen, zum anderen riskierst Du schwere gesundheitliche Schäden, wie den zusätzlichen Befall innerer Organe (z.B. Herzmuskelentzündung), chronische Infektion, Übertrainingssyndrom durch eine relative Überbelastung….

Bei überwundendem Infekt finden sich im Blut oft Hinweise, ob eine Wettkampfteilnahme bereits zu verantworten ist, oder nicht. Laß also bei Infekten/Entzündungen stets Vorsicht walten und mache lieber ein Blutbild als einen Marathon zu viel!

  • Lebensalter

Hier wäre die Grenze weniger nach oben zu setzen, denn nach unten: Eine 70-jährige gesunde Person mit entsprechendem Leistungsstand kann also durchaus einen ersten Marathon laufen. Ein Marathonfinish im Kindesalter halte ich dagegen ausser in extremen Ausnahmefällen für nicht ratsam, da diese Art von Training für Kinder zu einseitig ist und zwar physisch als auch psychisch. Die geltende Altersbeschränkung für eine Marathonteilnahme ist also unbedingt einzuhalten!


Ist gesundheitlich soweit alles in Ordnung, spielen weitere Faktoren eine Rolle.

Ganz entscheidend ist Dein sportlicher Background und auch ein gewisses Ausdauertalent.

Menschen, die jahrelang sportlich aktiv waren, z.B. als BallsportlerIn, RadfahrerIn oder auch im Fitnessbereich, machen im allgemeinen schneller Fortschritte, als jene, die zuletzt vor 20 Jahren im Schulsport körperlich aktiv waren.

 Erfahrungsgemäß ist es zudem sehr von Vorteil, wenn Du in Deiner Vorbereitung auf die Erfahrung anderer zurück greifen kannst. Eine Laufgruppe, ein Lauftreff, marathonerfahrene Freunde, Literatur oder auch Trainingspläne können sehr hilfreich sein.

 Als grobe Faustformel kannst Du Dich an folgendem orientieren:

Möchtest Du in einem Jahr einen Marathon laufen, solltest Du gesund sein, regelmäßig mindestens zwei, später drei mal pro Woche laufen können/wollen und bereits 10 km am Stück joggen können. 

Sowohl der Marathonlauf als auch die Marathonvorbereitung ist kein samstäglicher Einkaufsbummel, sondern erfordert Kontinuität über einige Monate.

Wenn Du merkst, dass Dich das Marathontraining komplett überfordert, gib Dir einfach noch mehr Zeit für die Vorbereitung. Habe den Mut und sei so klug, Deine Marathonteilnahme um beispielsweise ein Jahr zu verschieben! Wie heisst es doch so schön „ Gut Ding will Weile haben!”